Flexible Autoversicherung - Zahlen für gefahrene Kilometer
- Geschrieben von Dirk Hartung
- Kategorie: Autowelt
Kombination von Satellitennavigation, Handynetz und IT
Wien (pts) - UNIQA prüft die Einführung einer neuen Form von Autoversicherung, bei der die Prämie von der echten Nutzung des Autos abhängt. Die Prämie sinkt, je weniger und je sicherer man fährt.
Der Benzinpreis erreicht Rekordhöhen, aber die Autoversicherung wird vielleicht günstiger: Das neue Modell von UNIQA würde erstmals in Österreich berücksichtigen, wie viel oder wie wenig der Wagen tatsächlich verwendet wird. Die Prämie könnte, ähnlich wie bei den Handy-Tarifen, aus einer Grundgebühr und einem Kilometerpreis bestehen.
"Wir könnten die Versicherungsprämie erstmals nach der wirklichen Nutzung des Autos berechnen", erklärt Dr. Johannes Hajek, Vorstandssprecher der UNIQA Sachversicherung. "Wer weniger fährt, zahlt weniger, wer Risiken vermeidet, wird belohnt. Das ist fair und kann zu einem bewussteren und vernünftigeren Umgang mit dem Auto beitragen."
Gute Erfahrungen in Großbritannien
Das größte Versicherungsunternehmen in Großbritannien, die
Norwich Union bietet seit Anfang 2005 als preiswerte Alternative "Pay
as you drive" an: Die Versicherungstarife hängen davon ab, wie viele
Kilometer man zu welcher Tageszeit auf welchen Straßen zurücklegt.
Die Technik dahinter
Messen lässt sich die Autonutzung, indem man Technologien wie Satellitennavigation,
Handy und IT kombiniert. Das Auto wird über Satellit mit GPS lokalisiert,
die Positionsdaten werden über das Handy-Netz an einen zentralen Computer
übertragen. Als GPS-Empfänger und GSM-Sender dient eine kleine Navi-Box,
die ins Auto eingebaut wird, ähnlich wie ein Navigationssystem oder ein
Car-Finder gegen Diebstahl. Der Computer gleicht die Navigationsdaten mit
einer Landkarte ab ("Mapping"), daraus können dann Fahrkilometer
und Strecken abgelesen und die Prämie kalkuliert werden.
Studie zur Machbarkeit
Als ersten Schritt führt UNIQA zusammen mit IBM eine Machbarkeitsstudie
durch. Mit der Studie wird geprüft, unter welchen Voraussetzungen eine
solche Autoversicherung möglich wäre und erstellt ein Business Modell.
IBM wurde beauftragt, weil das Unternehmen als IT-Partner der Norwich Union
bereits Erfahrung und großes Know-how in der Telematik einbringt.
Im Rahmen der Studie werden für einen Testbetrieb bereits 20 Autos mit der Navi-Box ausgestattet um die Funktionalität bis inklusive "Mapping" zu zeigen. Zusätzlich wird eine großflächige Kundenbefragung mit Unterstützung von "market" durchgeführt um Kundenwünsche und Akzeptanz in einem möglichst frühen Stadium zu berücksichtigen.
"Das Projekt von UNIQA ist ein perfektes Beispiel für Geschäftsmodelle
der Zukunft, nämlich
on demand business", unterstreicht Mag. Axel Preiss, Leiter der IBM Business
Consulting Services. "On demand business bedeutet, Produkte und Services
nicht starr und pauschal, sondern flexibel ganz nach Bedarf zum Nutzen des
Kunden, in diesem Fall der Autofahrer, bereitzustellen. Der Ansatz von UNIQA
ist nicht nur technisch, sondern auch geschäftlich äußerst
innovativ und zukunftsträchtig."
Sicheres Fahren wird belohnt
Wenn sicheres Fahren sich finanziell lohnt, könnte das neue Modell auch
zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr motivieren. So wie man am Handy
lange Gespräche lieber in den billigen Tageszeiten führt, nutzt
man vielleicht auch im Auto dann lieber die sicheren und billigen Zeiten und
Straßen und vermeidet teure Fahrten mit höherem Risiko.
Positive Effekte könnten sich durch die neue Versicherungsform auch für Umwelt und Volkswirtschaft ergeben, wenn das Auto seltener verwendet wird und weniger Unfälle und Staus erzeugt. In den Niederlanden gibt es daher bereits Überlegungen, solche Modelle steuerlich zu begünstigen.
Kombination mit Diebstahlsschutz und Notruf
Die neue Technologie könnte in Zukunft noch weitere interessante Anwendungen
ermöglichen. Das System ließe sich zusätzlich als Car-Finder
einsetzen, der ein gestohlenes Auto lokalisiert. Nahe liegend wäre auch
die Kombination mit einem Navigationssystem. Die Verbindung mit einem Handynetz
macht eine Notruf-Funktion möglich: In einem Notfall könnte der
Fahrer einen Alarm über GSM absetzen, das System lokalisiert den Wagen
und schickt Hilfe. Die Anlage könnte weiter entwickelt werden, um selbstständig
einen Unfall zu erkennen - den abrupten Stillstand eines Autos - und Hilfsmaßnahmen
einzuleiten. Unternehmen könnten das System für das Fuhrpark-Management
verwenden, ähnlich wie bestehende Tracking-Systeme.
Das erfolgreiche Unwetter-Warnsystem von UNIQA ließe sich so erweitern, dass es die aktuelle Auto-Position berücksichtigt und vor schweren Unwettern auf der Strecke warnt.
Vom Pilotprojekt zur Marktreife
Die Studie von UNIQA und IBM untersucht diese Zukunftsperspektiven, prüft
jedoch auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Fragen des Daten- und des
Konsumentenschutzes. Eine Umfrage unter 60.000 UNIQA Kunden wird die Akzeptanz
für die neue Versicherungsform erheben.
Die Studie läuft seit Mitte September und wird bis Jahresende abgeschlossen sein. Abhängig von den Ergebnissen dieser Analyse, entscheidet UNIQA, ob und wie das Projekt "Nutzungsoptimierte Versicherungsinnovation", kurz NoVi, weitergeführt und zu einem Produkt entwickelt wird. Als nächster Schritt wäre 2006 ein Pilotprojekt mit einigen hundert Testfahrern vorgesehen. Die Testfahrer erproben die Technik und liefern statistisches Datenmaterial für die Kalkulation. Frühestens im Laufe des Jahres 2007 könnte die neue Autoversicherung dann als zusätzliche Alternative zu den bestehenden Produkten auf dem Markt angeboten werden.
IBM als Partner unterstützt durch Consulting und ermittelt, welche Technologien, Geräte und Partner in diesem System kombiniert werden sollten. Mögliche Partner sind Mobilfunk-Unternehmen, Anbieter von Navigationssystemen und Produzenten von GPS- und GSM-Geräten. Man benötigt aber auch Vertragspartner für den Einbau der Navi-Box ins Auto. Wenn das Pilotprojekt durchgeführt wird, richtet IBM die Software für den Datenempfang und das Mapping ein.
Pionier in Österreich
Eine Zielgruppe der neuen Versicherung sind Autofahrer, die wenig fahren.
Deutlich billiger wird es für Besitzer eines Zweitwagens. Vorteile haben
auch Fahrer, die besonders sicher unterwegs sind, also eher auf Autobahnen
und Schnellstraßen und außerhalb der Stoßzeiten. Eine wichtige
Zielgruppe sind die jüngeren Autobesitzer, die Interesse an neuer Technologie
zeigen und günstige Tarife suchen.
Dr. Hajek sieht das Produkt als gute Alternative zu den bestehenden Kfz-Versicherungsprodukten: "Mit dieser Versicherung könnten wir Autofahrern, die den Wagen nur wenig verwenden und Risiken bewusst meiden, ein Produkt bieten, das in Preis und Leistung in Österreich einzigartig ist." (Quelle: PTS)