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Ein Vollblutmotorsportler lässt sich nicht unterkriegen: Getreu diesem Motto bestritt das HS Rallye Team die Rallye Marokko (13.-19. Oktober 2013) und kämpfte sich trotz erheblicher Rückschläge ins Ziel der Marathonrallye. Bei einer fulminanten Aufholjagd am letzten Tag konnten Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann ihr Können noch einmal eindrucksvoll demonstrieren.

Bei einer Wüstenrallye braucht man vor allem zwei Dinge: Durchhaltevermögen und verlässliche Technik. Ersteres bewies das HS Rallye-Team bei der sechs Tage und 2.051 Kilometer andauernden Rallye Marokko gleich mehrfach: Vier Mal hinderten technische Schwierigkeiten Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann daran, das Etappenziel zu erreichen. Trotzdem blieben die Wüsten-Abenteurer hartnäckig und wurden mit einer perfekten letzten Wertungsprüfung belohnt.

Rallye Marokko 2013, Rückblick: HS RallyeTeam beweist Kampfgeist - Foto: DPPIDie Rallye startete zunächst vielversprechend: Kahle/Schünemann meisterten den ersten schwierigen Dünenabschnitt mit Bravour und passierten den ersten Checkpoint als sechstes von 63 Autos. Der Abstand zu Spitzenreiter Orlando Terranova im Mini All4 Racing lag zu diesem Zeitpunkt bei lediglich 7.19 Minuten. Doch schon nach einem Drittel der ersten Prüfung fiel die Servopumpe aus, der Keilriemen sprang ab und machte die Weiterfahrt unmöglich. Nach einer kurzen Nacht startete das HS Rallye Team schwungvoll in die zweiten Etappe und behauptete lange Zeit eine Top-Ten-Platzierung, bis der Motor nur drei Kilometer vor dem Ziel plötzlich vier Minuten lang aussetzte. Trotzdem schaffte es der SAM 30D CC mit der Startnummer 307 als Zwölfter ins Ziel.

Doch jetzt sollte die Pechsträhne erst richtig beginnen: Probleme mit dem Getriebe, der Keilriemenspannrolle und ein geplatzter Servoschlauch machten dem deutschen Team, das im Januar noch 13. bei der Rallye Dakar geworden war, auf den folgenden Etappen das Leben schwer. An Aufgeben dachten die Wüstenrallye-Veteranen jedoch zu keiner Zeit. „Klar waren wir etwas frustriert, wenn die Technik mal wieder nicht so wollte wie wir, aber das gehört zu solch einer Veranstaltung eben auch dazu“, erklärt Thomas Schünemann. „Unsere Mechaniker haben so hart gearbeitet um das Auto wieder startklar für den nächsten Tag zu machen, das wollten wir mit einer Zielankunft belohnen“, ergänzt Matthias Kahle.

Ihr Durchhaltevermögen wurde belohnt: Von der letzten Position aus gestartet, zogen sie im Laufe der 245 Kilometer langen Schlussetappe an nicht weniger als 37 Konkurrenten vorbei. Im Schnitt überholte der SAM-Prototyp alle 6,65 Kilometer einen Gegner und kämpfte sich bis auf Platz elf in der Tageswertung vor. Auf ein Top-Ten-Ergebnis fehlten im Ziel gerade einmal 4.10 Minuten. „So einen Tag hatten wir uns zum Abschluss gewünscht. Wir konnten noch einmal zeigen, was das Auto grundsätzlich kann“, freut sich Matthias Kahle. Auch Navigator Thomas Schünemann ist glücklich über das versöhnliche Ende: „Unsere Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt. Der letzte Tag war noch einmal richtig spannend. Wir haben etliche knifflige Überholmanöver gemeistert. Angesichts der ganzen Probleme ist es nicht verwunderlich, dass wir am Ende nur den 58. Platz in der Gesamtwertung belegt haben – aber wir sind angekommen und haben auf der letzten Etappe noch mal gezeigt, was in uns steckt.“

Kahle/Schünemann: „Wir wollten es unbedingt ins Ziel schaffen“

Für das HS RallyeTeam stand die Rallye Marokko (13.-19. Oktober) unter keinem guten Stern: Durch technische Probleme war das Team schon früh weit abgeschlagen. Im Interview erklären Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann, warum Aufgeben trotzdem keine Option war und wie es ist, auf einer Etappe das halbe Starterfeld zu überholen.Rallye Marokko 2013, Rückblick: HS RallyeTeam beweist Kampfgeist - Foto: DPPI

Matthias und Thomas, ihr hattet in Marokko viel mit technischen Problemen zu kämpfen und hattet im Prinzip schon nach dem ersten Tag keine Chance mehr auf eine vordere Platzierung. Woher zieht man die Motivation, trotzdem weiterzumachen?
Dr. Thomas M. Schünemann Eine gute Frage. Ich denke, wir haben das über die Jahre einfach verinnerlicht. Für uns ist klar: Wenn sich noch ein Rad dreht, muss man weitermachen. Wobei es schon schwierig war, wenn man für den nächsten Tag neue Motivation und Konzentration aufgebaut hat, und dann wieder mit einem technischen Defekt stehen bleibt. Das ist ein Gefühl wie ein Stich in einen Luftballon. Hinzu kommt, dass ich mir von der Klimaanlage im Hotel eine Erkältung zugezogen habe. Das machte es nicht besser.
Matthias Kahle Man muss schon ehrlich sagen, dass es uns nicht immer leicht gefallen ist, sich um fünf Uhr morgens aus dem Bett zu quälen, wenn es eigentlich nichts mehr zu gewinnen gibt. Aber wir wollten es unbedingt ins Ziel schaffen und zeigen, was der SAM und was wir als Fahrer können.

Wo du gerade von eurem Auto sprichst: Der SAM 30D CC hatte acht Prozent mehr Leistung als noch bei der Rallye Dakar. Wie stark hat sich das bemerkbar gemacht?
MK Vom Gefühl her war es ein sehr großer Fortschritt. Neben der Spitzenleistung hat sich ja auch das nutzbare Drehzahlband deutlich erweitert, was die Sache für mich viel einfacher macht. Ich musste in kritischen Situationen nicht so oft schalten und ich habe gemerkt, dass wir viel häufiger im fünften oder sechsten Gang unterwegs waren als bei der Dakar. Schade ist nur, dass wir sehr wenige echte Vergleichsmöglichkeiten mit der Konkurrenz hatten.
TS Das sehe ich genauso. Die Verbesserungen haben wir im Cockpit klar gespürt, aber wir konnten sie nicht in Resultate umsetzen. Wir hatten ein Top-Fünf-Ergebnis in der Tageswertung angepeilt, aber das ist uns leider nie gelungen. Dabei sah anfangs alles sehr gut aus: Am allerersten Checkpoint der Rallye lagen wir auf Platz sechs. Doch nach den technischen Problemen zu Beginn war bei uns ein bisschen die Luft raus. Da fährt man unterbewusst etwas vorsichtiger – und liegt schnell ein paar Plätze weiter hinten als sonst.

Am letzten Tag habt ihr fast zwei Drittel des gesamten Feldes auf der Strecke überholt. Was ist das für ein Gefühl? Kommt da eine gewisse Euphorie im Cockpit auf?
MK Ehrlich gesagt, könnte ich auch ganz gut ohne die Überholmanöver leben. Natürlich freut es einen, wenn man einen Konkurrenten hinter sich lässt. Aber wenn man sich durch das Feld arbeitet, dann ist das eher anstrengend und gefährlich. Im Staub eines Gegners kann man ganz schnell etwas übersehen, oder man kommt über eine Kuppe bzw. einen Dünenkamm und da steht plötzlich ein Auto auf der Strecke.
TS Matthias hat vollkommen Recht. Wenn man mit einem schnellen Auto ganz hinten startet, ist das sehr riskant. Man führt da keine Strichliste und sagt: Super, schon wieder einer. Euphorie kam bei uns am letzten Tag trotzdem auf. Nicht wegen der Überholmanöver, sondern weil alles gut gelaufen ist. Wir haben eine ordentliche Platzierung in der Tageswertung erreicht – und wir haben es am Ende doch noch ins Ziel geschafft!

Eine abschließende Frage: Für euch war es die erste Teilnahme bei der Rallye Marokko. Wie hat euch die Veranstaltung gefallen?
TS Ich hatte mir eigentlich mehr Dünen erhofft, aber davon gibt es in Marokko einfach nicht so viele. Die Pisten waren oft knüppelhart mit vielen Bodenwellen, Steinen, Abrisskanten und Stufen. Da wurde das Material extrem beansprucht. Insgesamt ist das Territorium eher für die zweiradgetriebenen Buggies geeignet als für die Allrad-Prototypen.
MK Ich fand die Prüfungen auch sehr materialmordend. Besonders auf den steinigen Passagen wird man ordentlich durchgerüttelt. Auf solchen Pisten fahren wir oft zu vorsichtig, um das Auto zu schonen. Von der Organisation her war die Rallye tadellos – und Marokko hat sich als sehr freundliches Gastgeberland erwiesen. Man merkt, dass Wüstenrallyes durch die vielen Besuche der Rallye Dakar hier zu einem Teil der Kultur geworden sind.

Fotos: DPPI

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