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DTM 152554730330 Jahre nach seinem Heimsieg mit Ferrari in Monza sprechen wir mit Gerhard Berger über die Lage in der DTM, blicken voraus auf die Rennen in Spielberg

 

Gerhard Berger über denkwürdige Tage in Monza – und Misano

Gerhard Berger, dem DTM-Boss aus Österreich, passiert dieser Tage etwas, was ihm an vielen guten Tagen als Rennfahrer nicht widerfahren ist: er wird eingeholt. Und zwar von der Vergangenheit. Freilich in einem höchst erfreulichen Zusammenhang. Denn wenn dieses Wochenende die Formel 1 in Monza gastiert, denkt man an zwei der sensationellsten Rennen, die je auf dieser Traditionsrennstrecke im Königlichen Park über die Bühne gegangen sind – und die beide damit endeten, dass Berger auf dem Podium jubelte, frenetisch gefeiert von Zehntausenden Tifosis. Das eine Mal, 1988, siegte der Ferrari-Pilot aus Tirol wenige Wochen nach dem Tod von Enzo Ferrari, „wie vom Himmel gelenkt“, wie Zeitungen schrieben. Und 2008 stand er als Miteigentümer von Toro Rosso am Podium, weil eben der blutjunge Sebastian Vettel den Grand Prix von Italien gewonnen hatte. Doch Berger selbst denkt dieser Tage lieber an die DTM, die vergangenes Wochenende ebenfalls in Italien, in Misano, eine spektakuläre Nachtpremiere erlebt hat. Im Interview zieht der Österreicher Bilanz – und blickt in die nahe Zukunft: Vom 21. bis zum 23. September gastiert die schnellste und hochkarätigste Tourenwagen-Meisterschaft Europas in seiner Heimat, am Red Bull Ring in Spielberg DTM 1529759164Gerhard Berger, 1. Vorsitzender der DTM-Dachorganisation ITR e.V.
Foto: Hoch Zwei


Gerhard Berger, 1. Vorsitzender der DTM-Dachorganisation ITR e.V., im Interview:

In den Fan-Foren findet das Nachtrennen in Misano großen Anklang. Wie ist Ihre Bilanz?
Die Gefühle sind gemischt. Bei der Planung für die zehn Events war ein Ziel, das eine oder andere neu zu versuchen, um Fakten zu sammeln für 2019. Wie schaut das im Fernsehen aus, wie funktioniert das, wie ist es auf einer neuen Strecke. Und: was ist, wenn wir in der Nacht fahren? Zudem wollen wir nach langer Zeit zurück nach Italien – denn für uns ist mit der Internationalisierung klar, dass Italien und auch England gesetzt sind. Jetzt gilt es, die richtigen Strecken dafür zu finden. Und ein Versuch ist Misano. Die Rennen waren super, die Zuschauer begeistert. Nur mit dem Nachtrennen schaffst du es nicht in das Hauptprogramm im Fernsehen, und das ist ein Minus. Dazu kam das unüblich schlechte Wetter – das schlecht für die Zuschauer war, zugleich aber gut für die großartige Action auf der Strecke. Jetzt muss man alle Fakten zusammentragen: Kann man aus dieser Strecke und dem Event was machen, sollten wir zumindest eines der beiden Rennen bei Tag machen und ist das dann noch die richtige Strecke? Grundsätzlich denke ich aber, dass ein neuer Ort Zeit braucht – wahrscheinlich brauchst du drei bis fünf Versuche, bis sich die Leute gewöhnt haben und alle Abläufe perfekt sind. Zudem brauchst du eine konstante Berichterstattung in den Monaten davor, das muss in Italien erst wieder passieren.

Wird vor allem das zweite Rennen als Nachtrennen hinterfragt?
Ja. Sonntag um 22.30 Uhr ist problematisch. Die Leute müssen danach wieder heim, sie müssen nächsten Tag in die Arbeit und auch wenn sie vorm Fernseher sind, wollen sie irgendwann mal schlafen gehen. Hier ist sicher eine Variante, dass man etwa am Samstag am Abend fährt, Sonntag aber eher tagsüber wie sonst üblich. Andererseits: als Nachtrennen ist es schon spektakulär.

Spektakulär war auch der Auftritt von Alex Zanardi.
Da muss ich mich bei BMW bedanken, die hatten die Idee, ihn hier starten zu lassen. Er hat in Italien eine Riesenwelle geschlagen. Ich bin wahnsinnig beeindruckt von ihm – aber nicht nur von seinen Leistungen im Auto. Das er Rennen fahren kann, das ist immer geblieben: du machst viel mit den Händen, mit den Augen, mit dem Gefühl – das hat er nicht verloren und mich wundert es nicht, dass er da ordentliche Leistungen bringt. Nur, dass er insgesamt in den Ausdauersportarten so ehrgeizig ist, so konsequent ist, ist unglaublich. Er zeigt der ganzen Welt, was man alles schaffen und erreichen kann, trotz eines so gravierenden Problems." (Lesen Sie dazu auch unser Interview mit Alex Zanardi )

Die Begeisterung um Zanardi in Italien ist groß. Aber auch Österreich hat beim Rennen in Spielberg im September zwei sehr interessante Lokalfavoriten: Lucas Auer und Philipp Eng.
Beide sind siegfähig – und beide sind, wenn sie ihren guten Tag haben, vielleicht die Besten. Etwa am Lausitzring. Eng hat eine super erste Saison, auch am Samstag in Misano war er sehr spektakulär und ist lange in Führung gelegen. Natürlich hat Philipp schon viel Erfahrung aus anderen Serien, trotzdem ist es beeindruckend, was er leistet, wie konstant er meist ist, wie sauber er seine Dinge zusammenbringt. Und beim Lucas wissen wir schon länger, dass er an guten Tagen absolut außergewöhnlich fährt. Gerhard BergerGerhard Berger: Österreicher in der DTM fallen sehr positiv auf und sind Siegfahrer
Foto: Gruppe C/Hoch Zwei
Meine
Beobachtung ist, dass er Phasen hat, wo er das alles extrem dominiert – allerdings gibt’s dann Momente, wo das System dann durch ein Ereignis auseinanderbricht. Da ist es meistens eine Mischung: ist das Team perfekt, macht er manchmal Fehler – und dann fährt wieder er absolut fehlerfrei und das Team hat was. Trotzdem war die DTM-Zeit bisher für ihn sehr gut, er hat sehr viel gelernt, auch abseits des Lenkraddrehens.

Alleine die beiden Österreicher sollten dafür sorgen, dass die DTM-Fans in Spielberg auf ihre Kosten kommen? „Definitiv. Sie haben es sich beide mit ihren Leistungen verdient, dass ihnen die Österreicher die Daumen drücken. Und wir haben noch fast an jedem Rennwochenende einen der beiden weit vorne gesehen, meistens sogar beide. Sie fallen sehr positiv auf und sind Siegfahrer.

Zu sehen gibt es auch Rallye-Weltmeister Sebastién Ogier, der Gastfahrer bei Mercedes ist. Soll diese Idee mit den Gastfahrern 2019 fortgesetzt werden? „Es sind sicher alle gespannt, wie er sich in der DTM schlägt. Die Gastfahrer-Aktionen an und für sich sind interessant und wir denken darüber nach, damit weiterzumachen. Aber es ist nicht ganz einfach. Denken wir an das Samstag-Rennen in Misano, als Zanardi nach einer Safety-Car-Phase plötzlich unmittelbar bei den Führenden lag. BMW war dann so weitsichtig und fair, ihn an die Box zu holen – denn was ist, wenn er ausrutscht und einen anderen, der um die Meisterschaft fährt, mitreißt?. Das sind Dinge, die wir bedenken müssen, wenn wir Gaststarter in der DTM haben wollen."

Die Formel 1 fährt dieses Wochenende in Monza. Vor 30 Jahren haben Sie hier das erste Rennen gewonnen nach dem Tod von Teamgründer Enzo Ferrari, vor zehn Jahren waren sie Mitbesitzer von Toro Rosso, als Sebastian Vettel sensationell sein erstes Rennen gewann. „Es freut einen, wenn sich die Leute nach so langer Zeit noch an so etwas erinnern wie an 1988. Der ganze Mythos rund um den Tod Ferraris war mir an dem Tag gar nicht so bewusst, für mich war es schon für sich einmal großartig, als Ferrari-Fahrer in Monza zu gewinnen."

2008 war es auch besonders, den großen Rennfahrer Vettel bei seinem ersten Sieg zu begleiten. Er kam damals zu Toro Rosso, weil der Franz Tost und ich mit den Stammfahrern total unzufrieden waren – und es war Dietrich Mateschitz selbst, der die Idee hatte, den Vettel reinzusetzen. Der hatte ja schon zum Red-Bull-Kader gehört, ich kannte ihn noch vom Kart her, auch weil Michael Schumacher schon damals von ihm erzählt hatte. Die Empfehlung von Mateschitz war die richtige – dabei war uns noch gar nicht so bewusst, wie gut der Vettel eigentlich ist. Aber schon nach dem ersten Test hatten wir unsere „Gaudi“ mit ihm. Und dann haben wir uns konzentriert auf ihn und in Monza war er das ganze Wochenende großartig. Aber auch das Team hat damals einen außergewöhnlichen Job abgeliefert, vom Freitag weg, alle waren extrem gut. Und wir hatten natürlich massiven technischen Support von Red Bull Technology.

Die nächsten Rennen der DTM:
Vom 7. bis zum 9. September gastiert die DTM am Nürburgring. Der ORF wird die Rennen (Start ist am Samstag und Sonntag wieder zur gewohnten Zeit um 13.30 Uhr) live übertragen.
Die DTM in Österreich:
Am Red Bull Ring in Spielberg ist die DTM vom 21. bis zum 23. September 2018 zu Gast. Infos dazu unter www.projekt-spielberg.com.

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