Facebook
  • Bruno von Rotz (Zwischengas.com) und ein etwas anderer Rückblick auf die Ennstal Classic 2011

Österreich ist im Umbruch, die Landeshymne soll an die wachsende Bedeutung der Frau im politischen und ökonomischen Umfeld angepasst werden, die Schulferien wollen zugunsten der Herbstferien gekürzt werden, so zumindest tönt es aus dem Radio. Nur die Ennstal Classic ist beständig, das 19. Mal ist sie durchgeführt worden. Sie ist gewachsen über die Zeit und hat sich zu einer der Top-Veranstaltungen in Europa gemausert.

Zwischen dem 13. und 16. Juli 2011 haben sich wiederum 225 Unentwegte getroffen, um unter sich den Konstantesten und Präzisesten herauszufiltern, den, der die 904.52 km mit den geringsten Abweichungen von Sollzeiten und Durchschnittsgeschwindigkeiten zurücklegen kann.

904.52 km und die Maschine
Was wie eine längere Urlaubsreise klingt, ist für alte Autos eine seriöse Herausforderung. Nicht nur stehen erhebliche Höhenunterschiede auf dem Programm, der Hauptteil der über 900 km wollen in einer relativ kurzen Zeit zurückgelegt werden. Mancher Oldtimer legt im Jahr keine 1’000 km zurück, hier werden in zwei Tagen grosse Etappen von über 300 und 500 km absolviert. So erstaunt es denn auch nicht, dass 10% der Fahrzeuge wegen Defekten liegenblieben und ausschieden.

904.52 km und die Wartung
Alte Autos verlangen nach mehr Eingriffen als die Fahrzeuge von heute. Die Teilnehmer der Ennstal waren denn auch eifrig dabei, Wasser nachzufüllen, Öl zu kontrollieren und gegebenenfalls zuzugeben, Bremsen zu prüfen, usw..

Damit war es aber nicht getan. Magnetzündungen wollten über Nacht repariert werden, Nockenwellen mussten ersetzt werden, Getriebeaufhängungen mussten geflickt werden und eine Reihe weiterer Eingriffe waren nötig, um die verbliebenen rund 200 Fahrzeuge auch ins Ziel zu bringen.

904.52 km und der Mensch
90% der Fahrzeuge sind mehr oder weniger problemlos ins Ziel gekommen, nicht zuletzt auch dank der vergleichsweise kühlen Witterung. Doch was dem Motor hilft, muss für den Menschen nicht unbedingt förderlich sein. Die kühlen Temperaturen und auch die teilweise feuchte Witterung forderten viel von einigen Besatzungen. Ganz nach der Devise, dass es kein falsches Wetter, sondern nur die falsche Kleidung gäbe, trotzdem die Vorkriegsfraktion aber mit offenen Fahrzeugen der Witterung und auch bei den Nachkriegssportwagen blieb manches Fahrzeug offen.

Über 500 km an einem Tag mit einem Schnitt von 40 bis 50 km/h bedeuten über 10 Stunden Fahrzeit und kaum Zeit für Kaffee und Mahlzeiten. Das ist definitiv keine Kaffeefahrt und die Kondition der Teilnehmer, aber auch die Stress-Resistenz im Team wird da bis aufs Äusserste gefordert. Doch die Besatzungen hielten Stand!

904.52 km und das Mensch-Maschine-Interface
Bei teilweise schwierigen Konditionen wie z.B. schmierigen Strassen oder nebelbedingt schlechten Sichtverhältnissen, galt es die Fahrzeuge gekonnt über kurvige Pass- und Landstrassen in Sollzeiten mit vorgegebenen Durchschnittszeitungen ins Ziel zu bringen. Keine leichte Aufgabe, speziell für die Vorkriegsfahrzeuge. Mancher Fahrer hat da zwischendurch mal eine feuchte Stirn gekriegt und dies nicht wegen der feuchten Witterung. Bergabwärts bei glitschigen Verhältnissen auf enge Haarnadelkurven zuzusteuern, einigermassen spurtreu zu bremsen und gleichzeitig noch allfälligem Gegenverkehr auszuweichen, dies erforderte den ganzen Mann, respektive die ganze Frau! Chapeau vor allen, die es unfallfrei schafften.

904.52 km und die Zeitabweichungen
Nicht einmal 1’000 Strafpunkte hatten die besten zwei Besatzungen vor der letzten Sonderprüfung, nach 903,12 km. Unglaublich diese Genauigkeit. Dass die besten beiden Fahrzeuge beides Dino 246 GTs waren mag den einen oder anderen erstaunen. Erfahrende Rallye-Hasen aber wissen, dass gerade der 2,4-Liter-Dino-Motor unglaublich gut dosierbar ist und in kritischen Situationen blitzschnell auf Gaseinsatz reagiert und damit eine sehr gute Basis für Rallye-Siege ist. Jetzt könnte der eine oder andere einwenden, dass die rennwagen-orientierte Technik und die italienische Herkunft für Herausforderungen oder Probleme sorgen könnte. Nicht aber hier, beide schafften es ohne Probleme ins Ziel, nur 35 Strafpunkte trennten den ersten vom zweiten.

904.52 km und die Landschaft
Fahren im letzten Paradies” ist das Motto der Ennstal Classic und auch dieses Jahr haben die Organisatoren wieder für unvergleichliche Fahrerlebnisse gesorgt. Die Rallye begann mit der Bergfahrt auf den für den Publikumsverkehr gesperrten Stoderzinken, es folgten der Prolog, der über den Sölkpass - aus dem Nebel heraus in die Sonne - zum Red-Bull-Ring führte und dann via Nockalm - bei schönster Abendsonne - und Sölkpass wieder zurück.

Am Freitag folgte der Marathon, mit Fahrt über tollen Serpentinenkurven der Postalm und viele kleine Landstrassen bis nach Steyr hoch und zurück führte. Ein einmaliges Erlebnis, die Teilnehmer waren begeistert. Wo sonst kann man bei so wenig Verkehr derart faszinierende Berg- und Landstrassen erleben?

904,52 km und die Organisation
Rund 100 Leute stehen hinter dem Unternehmen Ennstal Classic. Michael Glöckner und Helmut Zwickl haben einmal mehr gezeigt, dass sie eine perfekte Rallye-Veranstaltung auf die Beine stellen können. Die Organisation und Logistik haben praktisch perfekt geklappt, selbst kritische Teilnehmer waren zufrieden. Der eine oder andere mag über die vielen Begleitfahrzeuge und Sponsoren-Teilnehmer gemeckert haben, aber die wichtigen Elemente haben perfekt geklappt.

Fast am Ende der 904,52 km
Der Samstag war wie üblich dem Stadt-Grand-Prix und den Demoläufen gewidmet und die Organisatoren hatten einige Trouvaillen aufgetrieben. Dass der Le-Mans-Siegerwagen Porsche 917 keine Runden drehte, konnte man angesichts der bewegten Alternativen wie Tecno Formel 1 von 1972, Borgward 1500 RS, Mercedes Simplex, Maserati 200 si, Porsche 908, BMW Mille Miglia, Porsche 550 Spyder, Triumph TR 2 und anderen verschmerzen.

Und die versammelte Prominenz tat ihr Bestes, um die zahlreich anwesenden Zuschauer zu unterhalten. Nigel Mansell tätschelte seinem Idol Stirling Moss auf den Kopf, Jochen Mass mühte sich mit dem schwerfälligen Simplex ab, dass einem bereits beim Zuschauen der Schweiss herunterlief, Nanni Galli trieb den Tecno Formel 1 um den Kurs, Maria Teresa de Filippi liess sich im Maserati um den Kurs chauffieren und auch der “Kaiser Robert Heinrich I.” alias Robert Palfrader machte seine Aufwartung.

Danach gings ans Eingemachte. Die Rallye-Teilnehmer absolvierten die letzte Sonderprüfung.

Am Ende der 904.52 km
Gewonnen wurde die Ennstal Classic 2011 von Vater und Tochter Alois/Birgit Heidenbauer auf dem wunderschönen gelben Dino 246 GT von 1971, gefolgt vom Duo Reinhard und Doris Huemer auf dem 72-er Dino 246 GT. Dritte wurden Karsten und Monika Wohlenberger auf einem Mercedes Benz 230 SL von 1964. Danach folgen Christian und Margot Baier auf Citroën SM Maserati Rallye von 1971 und Wolfgang und Barbara Stegemann auf Jaguar XK 120, die zugleich auch die Sieger der Epoche 2 waren.

Quelle: Zwischengas.com

Copyright © 1998 - 2024 Agentur Autosport.at 
Der Inhalt dieser Seite mit allen Unterseiten unterliegt, soweit nicht anders vermerkt, dem Copyright der Agentur Autosport.at. Texte, Bilder, Grafiken sowie alle weiteren Inhalte dieser Seite dürfen, weder im Ganzen noch teilweise, ohne unsere vorherige schriftliche Zustimmung vervielfältigt, verändert, weitergeleitet, lizenziert oder veröffentlicht werden.


Impressum - Datenschutz - Cookie Policy

Zum Seitenanfang