- BMW Sauber F1 Team Pilot Nick Heidfeld hat einen aktiven Winter hinter sich
- Nach intensivem Fitnesstraining fühlt er sich stärker denn je, hat sich mit der Mutter seiner Kinder verlobt und setzt sich mit Eifer mit den Herausforderungen der neuen Fahrzeug-Generation in der Formel 1 auseinander.
BMW Sauber F1 Team Pilot Nick Heidfeld hat einen aktiven Winter hinter sich: Nach intensivem Fitnesstraining fühlt er sich stärker denn je, hat sich mit der Mutter seiner Kinder verlobt und setzt sich mit Eifer mit den Herausforderungen der neuen Fahrzeug-Generation in der Formel 1 auseinander. Sieben Testtage mit dem BMW Sauber F1.09 liegen hinter ihm. Nach den Stationen Valencia, Sakhir und Jerez folgen am 9. und 10. März noch zwei Testtage in Barcelona. Dann rückt er erst wieder beim Saisonauftakt in Melbourne zum Großen Preis von Australien (27.-29. März) aus.
Nick Heidfeld, sind Sie zufrieden mit dem Stand der Vorbereitungen?
BMW Sauber F1 Team Fahrer Nick Heidfeld: „Diesmal haben die Vorbereitungen
Expeditionscharakter. Es gibt so viele Neuerungen, mit denen sich jeder auseinanderzusetzen
hat. Das macht mir viel Spaß. Meine persönliche Bilanz der bisherigen
Tests fällt recht positiv aus. Das Fahrverhalten des F1.09 ist schon
ziemlich gut für ein komplett neu entwickeltes Auto, und es reagiert
gut auf Einstellungsveränderungen. Die Zuverlässigkeit war nicht
optimal, aber wir standen nie vor unlösbaren Problemen und haben bislang
mehr Kilometer als einige andere abgespult. Trotzdem ist durch die Testlimitierung
natürlich jeder verschenkte Kilometer ein Jammer. Wir haben kontinuierlich
Verbesserungen vornehmen können und haben auch noch viele weitere Ideen,
wo wir ansetzen können. Was das allerdings im Vergleich zur Konkurrenz
wert ist, weiß ich leider nicht. Beim Testen spielen ja alle mit verdeckten
Karten. Man weiß nie genau, welches Programm die anderen gerade fahren,
geschweige denn, wie viel Benzingewicht sie an Bord haben. Ich bin froh, wenn
diese Kaffeesatzleserei in Melbourne ein Ende hat.“
Welche der Neuerungen am Fahrzeug gefällt Ihnen am besten?
Heidfeld: „Erstmal finde ich den Ansatz, der all diesen Änderungen
zugrunde liegt, richtig. Ziel war ja, Überholvorgänge zu erleichtern.
Ich denke auch, dass das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren da etwas
bewirken wird. Etwas, wohlgemerkt. Wir werden nicht plötzlich Verhältnisse
wie im Tourenwagensport haben. Ich freue mich über die profillosen Reifen.
Es hat mir nie gefallen, dass wir ausgerechnet in der Formel 1 so lange auf
Slicks verzichtet haben. Die Aerodynamik mit dem spürbar reduzierten
Abtrieb verlangt eine gewisse Umstellung des Fahrstils.“
Erklären Sie uns doch mal, wann und wie es hilfreich ist, den
Frontflügel vom Lenkrad aus zu verstellen, was ja neuerdings erlaubt
ist.
Heidfeld: „Das kann der Balance des Fahrzeugs in verschiedenen Kurven
helfen. Wir dürfen dieses System allerdings nur zwei Mal pro Runde benutzen.
Konkret: Wir dürfen eine Änderung vornehmen und dann wieder zurück
in die Ausgangsposition stellen. Ob es dem Ziel, das Überholen zu erleichtern,
wirklich hilft, bezweifle ich, aber das wird sich erst im Rennen zeigen.“
Und wie kommen Sie mit dem Kinetic Energy Recovery System (KERS)
zurecht?
Heidfeld: „Das macht auch Spaß! Wenn man den Boost-Button am Lenkrad
drückt und den zusätzlichen Schub von 80 PS spürt, ist das
klasse. Beim Testen habe ich auch schon erste Erfahrungen gemacht, wie es
ist, wenn ein anderer Pilot den Knopf drückt und ich nicht. Der ist dann
einfach gleich mal weg. Man muss sich diese zusätzliche Leistung sehr
gut einteilen, das ist speziell im Rennen Fahreraufgabe. 6,5 Sekunden lang
pro Runde darf man den Knopf drücken. Das bringt vor allem dann für
das Überholen etwas, wenn man dicht hinter jemandem herfährt. Also
beispielsweise nach dem Start. Sobald wir 100 km/h erreicht haben, und das
dauert bei uns keine drei Sekunden, gibt die Elektronik den Boost-Button frei.
Dafür muss man natürlich den Speicher vorher aufgeladen haben.“
Sind diese ganzen Funktionen nicht verwirrend für Sie als Fahrer?
Heidfeld: „Man gewöhnt sich daran. Aber ich muss sagen, als wir
noch die BMW eigene Elektronik und nicht die F1-Einheitselektronik hatten,
war mein Lenkrad übersichtlicher. Damals gab es clevere Unterebenen bei
einzelnen Funktionen.“
Was ist Ihr persönliches Saisonziel?
Heidfeld: „Das ist seit Jahren immer dasselbe: Ich will in jeder Runde
und an jedem Rennwochenende das maximal Mögliche aus dem Auto und der
Situation herausholen. Was tatsächlich möglich ist, bestimmt zu
weiten Teilen unsere technische Leistungsfähigkeit. Das Ziel des Teams
ist es, 2009 in den Titelkampf eingreifen zu können. In den vergangenen
Jahren haben wir unsere Etappenziele immer erfolgreich abgearbeitet. Ich hoffe,
das gelingt uns auch 2009.“
Dann hätten Sie gute Chancen, Ihren ersten Grand-Prix-Sieg einzufahren…
Heidfeld: „Ja, dafür ist Voraussetzung, dass man in einem siegfähigen
Auto sitzt. Das wünsche ich mir natürlich, und daran arbeiten wir.“
Wie sieht Ihr Beitrag dabei aus?
Heidfeld: „Ich bringe mich so weit wie möglich in die Entwicklung
ein. Ich erläutere unseren Ingenieuren genau, wie sich das Fahrzeug anfühlt
und wo ich mir Verbesserungen wünsche. Ich bin kein Entwicklungsingenieur,
aber ich denke schon, dass ich mit meiner Erfahrung Rückmeldungen geben
kann, die das Team weiterbringen. Ein anderer Aspekt ist meine eigene Kondition.
Ich habe diesen Winter so viel trainiert wie nie zuvor, auch, weil wegen der
Testbeschränkung mehr Zeit zur Verfügung stand. Ich fühle mich
super fit.“
Haben Sie auch gehungert? Man las über Magerwahn in der Formel
1.
Heidfeld: „Nein, ich habe nicht gehungert, und das wäre auch falsch.
Gewicht und Leistungsfähigkeit stehen in Zusammenhang. Radikale Hungerkuren
schwächen nur. Aber ich habe sehr auf meine Ernährung geachtet und
trotz des zusätzlichen Muskelaufbaus durch das Training sukzessive zweieinhalb
Kilo abgenommen.“
Müssen Sie Ihr Trainingsprogramm auch während der Saison
intensivieren, weil ja die Testfahrten wegfallen?
Heidfeld: „Ganz sicher. Das beste Fitnesstraining zum Formel-1-Fahren
ist das Formel-1- Fahren. Das muss aufgefangen werden.“
Wird trotzdem noch Zeit zum Heiraten bleiben? Sie haben sich ja verlobt…
Heidfeld: „Wir haben noch keinen Termin, aber daran wird es
nicht scheitern. Durch das Testverbot sollte das möglich sein.“
Wie sehen Sie den Sparkurs, den die Formel 1 eingeschlagen hat?
Heidfeld: „Ich halte das für sehr wichtig, und einige Ansätze
tragen ja auch schon Früchte. Zum Beispiel, dass wir jetzt nur noch acht
Motoren pro Fahrer für die ganze Saison haben oder eben ab Mitte März
nicht mehr testen. Es ist das erste Mal, dass sich die engagierten Teams über
so große Maßnahmen einig sind. Das ist in der momentanen wirtschaftlichen
Lage sehr zu begrüßen.“
Auch, wenn es an Ihren Geldbeutel geht?
Heidfeld: „Niemand freut sich über Gehaltskürzungen. Der Fahrer
ist ganz offensichtlich ein entscheidender Faktor im Team. Bei BMW macht man
über jeden Budgetposten eine nüchterne Kosten-Nutzen-Rechnung auf
und hat noch nie Phantasiegehälter bezahlt. Wie in der Vergangenheit
auch, muss man sich einfach einig sein.“