Dakar 2007 - 9. Etappe - 15.1.2007 - Tichit / Néma - Zusammenfassung
- Geschrieben von Dirk Hartung
- Kategorie: Rallye Raid (Langstrecke)
- Etappe 8: Tichit - Néma
- Doppelführung für Mitsubishi
- Bittere Enttäuschung für das Volkswagen Team
- Martin Freinademetz
- Die Etappe im Überblick
Doppelführung für Mitsubishi bei der Rallye Dakar
· Stéphane Peterhansel führt vor Teamkollege
Luc Alphand
· Weit über eine Stunde Vorsprung auf den nächsten Verfolger
· Hiroshi Masuoka verbessert sich auf Platz fünf
Mitsubishi liegt bei der Rallye Dakar 2007 mit zwei Pajero Evolution an der
Spitze. Auf der 494 Kilometer langen Prüfung von Tichit nach Néma
in Mauretanien, der zweiten extrem harten Etappe in Folge, markierte Stéphane
Peterhansel die drittbeste Zeit des Tages und verdrängte den mit Problemen
kämpfenden Giniel de Villiers (Volkswagen) vom ersten Platz. Im Duell
um den Etappensieg musste sich Mitsubishi Pilot Luc Alphand zwar um 13 Sekunden
seinem französischen Landsmann Jean-Louis Schlesser (Schlesser-Ford)
geschlagen geben, in der Gesamtwertung verbesserte er sich dennoch vom dritten
auf den zweiten Platz. 7.50 Minuten liegen zwischen den beiden Mitsubishi
Teamkollegen an der Spitze. Peterhansels Vorsprung auf den Drittplatzierten,
Nasser Al-Attiyah (BMW), beträgt 1:23 Stunden.
"Als ich sah, dass de Villiers mit rauchendem Auto stand, konnte ich
das kaum glauben. Er hatte bis dahin eine so starke Rallye gefahren",
berichtete Peterhansel nach fünfeinhalb Stunden Fahrzeit im Tagesziel.
"Aber auch wir hatten heute unsere Probleme, mussten eine Kupplung wechseln,
was uns eine Viertelstunde gekostet hat. Danach kämpfte ich mich wieder
an Alphand, Sainz, Miller und Schlesser heran, die mich während meiner
Reparatur überholt hatten. Als Sainz nach einem großen Sprung stoppte,
folgte ich Alphand. Doch ein Reifensschaden zwang mich zu einem weiteren kurzen
Halt."
Teamkollege Alphand ergänzte: "Nachdem ich de Villiers und Peterhansel
habe stehen sehen, befürchtete ich bei unserer aktuellen Pechsträhne
das Schlimmste für uns. Daher bin ich heute nicht allzu schnell gefahren.
Aber im Gegensatz zu vielen Konkurrenten hatten wir heute keinerlei Probleme
und sind so auf Platz zwei vorgefahren."
Einen erfolgreichen Tag erlebte auch Hiroshi Masuoka, der sich trotz zwei
Reifenschäden mit der viertbesten Zeit des Tages vom achten auf den fünften
Platz verbesserte. Schnell unterwegs war auch Nani Roma im vierten Pajero
Evolution. Der Spanier belegte Rang fünf der Tageswertung und steuert
nach seinem Überschlag auf der siebten Etappe wieder in Richtung Top
Ten. Vor der zehnten Etappe, einer 366 Kilometer langen Schleife rund um Néma,
liegt er auf Platz zwölf.
Bittere Enttäuschung für das Volkswagen Team
Nach einer bisher eindrucksvollen Vorstellung hat das Volkswagen Team bei der 29. Rallye Dakar einen bitteren Rückschlag hinnehmen müssen: Das als Spitzenreiter gestartete Werks-Duo Giniel de Villiers/Dirk von Zitzewitz (Südafrika/Deutschland) wurde auf der neunten Etappe von Tichit nach Nema in Mauretanien ebenso durch einen technischen Defekt am Race Touareg 2 gestoppt wie ihre viertplazierten Teamkollegen Carlos Sainz/Michel Périn (Spanien/Frankreich).
Am Fahrzeug vom Giniel de Villiers brach ein Schlepphebel des Ventiltriebs
im Motor. Dadurch wurde ein Loch in den Ventildeckel geschlagen, wodurch Motoröl
austrat und sich am heißen Turbolader entzündete. Die Flammen wurden
sofort mit dem Bordfeuerlöscher erstickt. Das Fahrzeug wird von einem
Race-Truck ins Biwak geschleppt. Am Fahrzeug von Carlos Sainz, der die Tageswertung
klar anführte, ist der Motor plötzlich abgestorben und sprang vermutlich
auf Grund eines elektrischen Defektes nicht mehr an. Auch er wird ins Biwak
geschleppt.
Volkswagen hat vom Start am 6. Januar in Lissabon bis zum heutigen 15. Januar
die Rallye Dakar souverän angeführt. Das Duo de Villiers/von Zitzewitz
besaß vor der neunten Etappe einen Vorsprung von 31 Minuten. Den zweiten
Gesamtrang hatten Sainz/Périn erst auf der achten Etappe eingebüßt,
als ein Schlauch der Lenkhydraulik durchgescheuert war und Sainz ohne Lenkunterstützung
auskommen musste. Von den bisherigen neun Etappen konnte Volkswagen sechs
gewinnen.
Carlos Sousa/Andreas Schulz (Portugal/Deutschland) im Race Touareg des Lagos-Teams
und das Werksduo Mark Miller/Ralph Pitchford (USA/Südafrika) beendeten
die neunte Etappe auf den Plätzen sieben und zehn mit jeweils rund einer
halben Stunde Rückstand, den sie unter anderem dadurch erlangten, weil
sie Sainz zur Hilfe kamen. In der Gesamtwertung, die nun von Stéphane
Peterhansel (Frankreich/Mitsubishi) angeführt wird, belegen Miller/Pitchford
und Sousa/Schulz die Plätze sechs und sieben.
Kris Nissen (Volkswagen Motorsport-Direktor)
"Wir haben heute zwei schwere Rückschläge hinnehmen müssen.
Das ändert allerdings nichts daran, dass ich auf das Team stolz bin.
Es ist der Verdienst aller, dass Volkswagen die Rallye ab dem ersten Tag angeführt
und Mitsubishi im sportlichen Kampf bezwungen hat – bis gestern. Für
uns ist es schwer zu akzeptieren, dass wir nicht mehr führen und dass
es eigentlich ausgeschlossen ist, noch zu gewinnen. Man kann bei dieser Rallye
viele Prüfungen gewinnen und muss nur eine verlieren, um am Ende doch
der Verlierer zu sein. Das ist der Unterschied zwischen der Rallye Dakar und
anderen Wettbewerben wie etwa einer Fußball-Saison, bei der ein verlorenes
Spiel noch nicht die Meisterschaft kostet. Unsere Ziele sind nun, Giniel und
Carlos eine Weiterfahrt zu ermöglichen, möglichst gute Tagesplatzierungen
einzufahren und noch ein ordentliches Endergebnis zu erreichen."
#301 – Giniel de Villiers (RSA)
"Wir haben die Rallye angeführt, als ein Rollenschlepphebel im Ventiltrieb
gebrochen ist. Er schlug ein Loch in den Zylinderkopfdeckel und es trat Öl
aus, das kurz brannte. Wir konnten die Flammen schnell mit dem Bordfeuerlöscher
ersticken. Der Schaden kann auf der Etappe nicht behoben werden, weshalb wir
uns vom Race Truck abschleppen lassen mussten."
#303 – Carlos Sainz (E)
"Nachdem wir in einem Loch hart gelandet sind, starb der Motor ab und
sprang nicht wieder an. Mark Miller hielt und half uns, ebenso Carlos Sousa.
Weder durch den Tausch von Elektronik-Bauteilen noch durch den Versuch, das
Auto anzuschleppen, sprang der Motor wieder an. Also nahm uns der Race-Truck
an den Haken."
#305 – Mark Miller (USA), 10. Platz Tages- / 6. Platz Gesamt-Wertung
"Wir fuhren ein sehr gutes Tempo, haben einen Mitsubishi und einen BMW
überholt und lagen an der ersten Zeitkontrolle auf dem dritten Platz.
Als wir Giniel entdeckten, hielten wir 30 Sekunden an, doch er sagte, wir
sollen weiterfahren. Später folgten wir Luc Alphand, blieben aber defensiv
– er hatte also nichts zu befürchten. Dann gelang uns ein guter
Schachzug: Carlos Sainz folgte uns wie ein Schatten. Wir ließen ihn
vorbei, was Alphand nicht merkte – so ließ er ihn aus Versehen
passieren, weil er dachte, es sei mein Auto. Leider blieb Carlos stehen. Wir
stoppten bei ihm, halfen ihm 35 Minuten bei der Reparatur, tauschten das Steuergerät
– aber vergeblich."
Aus dem Volkswagen Biwak
- Gefragte Physiotherapeuten: Neben einem Arzt begleiten auch drei
Physiotherapeuten das Werksteam von Volkswagen. Bereits nach den felsübersäten
Prüfungen in Marokko waren die heilenden Hände sehr gefragt: Gut
30 bis 45 Minuten kneten die Spezialisten die Fahrer und Beifahrer bei einer
einzelnen Behandlung durch. "Die Behandlungen dienen der Entspannung,
Schmerzlinderung durch die Belastung im Auto und der Funktionsverbesserung
der Gelenke", erklärt Physiotherapeut Pierre Wack, der seine erste
Rallye Dakar mit Volkswagen erlebt. "Bei Problemen kümmern wir uns
auch um die schwer arbeitenden Mechaniker und Race-Truck-Besatzungen."
- Runde Sache: Insgesamt 400 Reifen von BFGoodrich, die allesamt auf BBS-Felgen
vormontiert sind, hat Volkswagen bei der Rallye Dakar dabei. Ein Rad wiegt
38 Kilogramm. Trotz des felsigen Geläufs in Nordafrika kamen die Werksfahrer
bislang mit nur zehn Reifenschäden über die Runden. "So haben
wir inklusive aller Ersatzräder zum Ruhetag erst 150 Reifen aufgebraucht",
erklärt der Technische Direktor von Volkswagen Motorsport, Eduard Weidl.
- Taktik zählt: Unmittelbar, nachdem die Volkswagen Werkspiloten an jedem
Nachmittag in Biwak kommen, treffen sie sich zusammen mit den Fahrzeug-Ingenieuren,
Volkswagen Motorsport-Direktor Kris Nissen, dem Technischen Direktor Eduard
Weidl und dem Technischen Berater Jean-Claude Vaucard zum Technischen Meeting.
"Diese Besprechungen sind sehr effizient", so Jean-Claude Vaucard.
"Wir sprechen weniger über das Geschehen des Tages, sondern planen
stärker für die folgende Etappe, um in der Lage zu sein, besser
zu agieren."
Martin Freinademetz
Die neunte Etappe der Rallye Dakar von Tichit nach Nema startete direkt vom Biwak der Marathonetappe. 494 Kilometer Sonderprüfung standen am Programm, Navigation war ein großes Thema und acht Stunden nach dem Start befand sich Dakar-Neuling Freinademetz bei Checkpoint Nummer zwei (387km).
Die gestrige Marathonetappe hielt in allen Belangen was sich Profi und Amateur gleichermaßen erwartet hatten: Nicht nur die Tatsache, dass keine Mechaniker die Fahrer unterstützen durften, zeichnete den Tag aus, sondern auch die Länge der Spezialwertung am Sonntag. 589 Kilometer gegen die Zeit – für Martin Freinademetz eine 14:15:48 dauernde Tortur. Erst nach 23.00 Uhr im Tagesziel, schellte bereits um 05.00 Uhr morgens der Wecker zur Tagwache.
Nach 387km in der Wertungsprüfung hat der ehemalige Snowboardprofi 03:04:03 Rückstand auf den späteren Tagessieger Vinters aus Litauen. Nicht mehr bei Tageslicht, aber dennoch ist der Tiroler auf dem Weg das Ziel in Nema zu erreichen.