- Matchball für Gaßner
Mit der ADAC Saarland Rallye (12. – 13. September) beginnt in der DRM (Deutsche Rallye-Meisterschaft) der Saisonendspurt. Der fünfte von sechs Meisterschaftsläufen steht dabei ganz im Zeichen der Jagd auf die Tabellenleader: Hermann Gaßner / Siggi Schrankl (Surheim / Obing, Mitsubishi Lancer Evo 9) konnten sich mit 106 Punkten einen komfortablen Vorsprung vor der versammelten Konkurrenz erarbeiten, die Verfolger mit Sandro Wallenwein / Pauli Zeitlhofer (Stuttgart / Österreich, Subaru Impreza STI) müssen an der Spitze kräftig Punkten, wenn sie die vorzeitige Titelverteidigung des amtierenden DRM-Champions verhindern wollen.
Die Fans dürfen sich im Saarland nicht nur deshalb auf Hochspannung
freuen, denn die Rallye gehört zu den unbestrittenen Klassikern im DRM-Kalender.
Selektive Herausforderungen auf den Höhen des Saargaus (WP „Steine
an der Grenze“) stehen ebenso an, wie die spektakulären Stadtrundkurse
in Dillingen und Merzig. Darüber hinaus geht es bei einigen der zwölf
Prüfungen über 144 WP-Kilometer diesmal auch auf Weltmeisterschaftsterrain:
Im „St. Wendeler Land“ (WP 3/5) und „Rund um Freisen“
(WP 4/6) werden Prüfungen genutzt, auf denen auch Sébastien Loeb
& Co. schon um Bestzeiten und WM-Punkte fuhren. Infos zur Veranstaltung
finden sich unter www.saarland-rallye.de, über die DRM informiert die
offizielle Homepage www.rallye-dm.de.
Seine souveräne Meisterschaftsführung erkämpfte sich Hermann
Gaßner mit zwei Gesamtsiegen und zwei zweiten Plätzen in den vier
bislang absolvierten DRM-Läufen. Mit 29 Zählern Vorsprung liegt
der Bayer vor Wallenwein / Zeitlhofer (77 Punkte), die damit auch die einzigen
verbliebenen ernsthaften Rivalen im Meisterschaftskampf sind. Beide Teams
haben das gleiche Ziel: Jeweils vor dem anderen über die Zielrampe fahren.
Beide jedoch mit einer anderen Intention. Gaßner: „Wir werden
uns ins Auto setzen, losfahren und schauen, dass wir vor dem Sandro bleiben.
Dann passt das schon.“ Wobei das ‚passt schon’ in diesem
Fall den vorzeitigen Titelgewinn bedeuten würde.
Bei Sandro Wallenwein lautete die Devise, „wir müssen vor Hermann
ins Ziel kommen. Das ist zwar im Moment sehr schwer, aber nur so können
wir die Meisterschaft bis zum Finale offen halten.“ Wallenwein ist zudem
voll motiviert. „Die ‚Saarland’, das ist mein Pflaster.
Die Stadtrundkurse machen riesigen Spaß, und die neuen WM-Prüfungen
sind sehr anspruchsvoll – eine Zusammenstellung, die mir gut gefällt.“
Als Drittplatzierte kommen Matthias Kahle / Dr. Thomas Schünemann (Köln
/ Hamburg, Porsche 911) ins Saarland. Sie sammelten bislang 55 Zähler
und müssten schon auf einen doppelten Ausfall des „Herminators“
Gaßner hoffen, um noch einmal in den Titelkampf eingreifen zu können.
Bei der souveränen Coolness, mit der der dreifache Titelträger seine
Ergebnisse einzufahren pflegt, ein eher unwahrscheinliches Szenario.
Porsche-Piloten wollen den ersten Sieg
Was sich nach einer vermeintlich eindeutigen Ausgangslage anhört, birgt
aber
trotzdem reichlich Stoff für einen dramatischen Rallyeverlauf –
denn an der
Spitze des DRM-Feldes ist der Wettbewerb so eng wie seit Jahren nicht. Nur
mit
Geduld, einer abgeklärten Strategie und einem Kämpferherz im richtigen
Augenblick konnte sich Gaßner die Führung erarbeiten. Welchen Krimistoff
die
DRM zu liefern im Stande ist, zeigt zum Beispiel der Verlauf des vergangenen
Laufs: Im Juli trafen sich die DRM-Teams zur ADAC Eifel-Rallye rund um Daun,
der bestimmt wurde vom Fight der heckgetriebenen Porsche 911 GT3 mit den
allradgetriebenen Gruppe-N-Turbos. Rekordmeister Kahle konnte mit Co-Pilot
Schünemann im Porsche zunächst das Tempo vorgeben und erarbeitete
sich auf
den ersten Prüfungen fast 25 Sekunden Vorsprung vor seinem Markenkollegen
Olaf Dobberkau (Schleusingen) und dem nachfolgenden Gaßner. Erst am
Samstagnachmittag konnte der Tabellenleader zum Angriff blasen: Örtliche
Regenschauer und Schotterpassagen auf den WPs egalisierten den Leistungsvorteil
der Porsche, und die Fraktion der Allradfahrzeuge machte mächtig Boden
gut. In einem Herzschlagfinale mit wechselnden WP-Bestzeiten hatte Kahle
schließlich das Nachsehen. Deshalb ist die Motivation des sechsfachen
Rekordmeisters
für den Einsatz im Saarland noch größer: „Wir wollen
unbedingt wieder
aufs Treppchen“, gibt er zu Protokoll. Markenkollege Olaf Dobberkau
setzt noch
einen drauf: „Es ist endlich Zeit für einen Porsche-Sieg in der
DRM! Letztes Jahr
lagen wir im Saarland vorne, bis der Regen kam, vielleicht spielt ja diesmal
der
Wettergott mit.“ Doch der lange Schleusinger ist mit den derzeitigen
Verhältnissen
in der DRM sehr zufrieden: „So dicht war die Spitze der DRM schon ewig
nicht mehr zusammen. Im Saarland können mindestens fünf Teams gewinnen.
So macht Rallyesport riesigen Spaß.“ Nur eines hält er für
verbesserungswürdig:
„Vielleicht ist das entscheidende Quäntchen Glück, das in
diesem Jahr immer
zugunsten von Hermann entschieden hat, diesmal auf unserer Seite.“
Starke Verfolger wollen dem Tabellenführer das Siegen schwer
machen
Obwohl sie das Nachsehen hatten, freuten sich nach der Eifel-Rallye auch die
unterlegenen Porsche-Piloten: Sie hatten bewiesen, dass ihre heckgetriebenen
911er absolut konkurrenzfähig und für einen DRM-Sieg gut sind. Gleich
vier der Zuffenhauser Modelle nehmen im Saarland die Verfolgung des Tabellenleaders
auf. Neben Kahle und Dobberkau treten Anton Werner (Altfraunhofen) und DRMAltmeister
Heinz-Walter Schewe (Hagen) im GT3-Boliden an. Zudem bläst eine Meute
von Lancer-Piloten zum Halali auf den DRM-Primus: Florian Auer (Ainring),
Peter Corazza (Oelsnitz) und Klaus Osterhaus (Unna) möchten es dem amtierenden
DRM-Champion ebenso zeigen, wie der eigene Filius: Hermann Gaßner junior
tritt mit Co-Pilotin Kathi Wüstenhagen (Am Mellesee) ebenfalls im Gaßner-Lancer
Evo 9 an und hat bereits mehrfach seine fahrerische Qualität unter Beweis
gestellt. Das ehrgeizige Ziel des 19-Jährigen ist es, „schneller
zu sein als der Papa.“ Das gelingt dem Ausnahmetalent immer öfter.
In der Eifel fuhr er vor den arrivierten DRM-Streitern auf den vierten Platz,
beim deutschen WMLauf sicherte er sich sogar den Sieg in der seriennahen Gruppe
N.
Mysliwietz wieder am Start
Auch aus saarländischer Sicht hat die Rallye einige hoch interessante
Starter. So greift der Piesbacher Lars Mysliwietz mit Teamchef Oliver Schumacher
auf dem Beifahrersitz wieder ins Geschehen ein, der in der DRM beim vergangenen
Lauf pausieren musste. Der Citroen C2 R2 MAX des Teams war bei der Rallye
Lebacher Land bei einem Überschlag beschädigt worden und musste
nun auf einer neuen Rohkarosse neu aufgebaut werden. „Damit sind die
Chancen auf eine Wiederholung der DRM-Vizemeisterschaft begraben“, ärgerte
sich Oliver Schumacher über die ungeplante Pause. Vielleicht sollte man
gerade deshalb Mysliwitz und Schumacher besonderes Augenmerk schenken: Befreit
vom Druck, unbedingt Meisterschaftszähler zu sammeln, können sie
beim Heimspiel völlig unbeschwert auftrumpfen. Ein weiterer Pilot, den
man dringend im Auge behalten sollte ist Patrick Anlage aus Losheim. Der 21-jährige
Zivildienstleistende hat sich nach dem Vizetitel in der saarländischen
Rallye-Junior-Meisterschaft 2006 auch im Rest der Republik einen guten Namen
gemacht und überzeugte unter anderem als jeweils schnellster Diesel-Pilot
beim WM-Lauf in den beiden vergangenen Jahren. Nun ist auch der Deutsche Motor
Sport Bund (DMSB) auf ihn aufmerksam geworden und lud ihn – gemeinsam
mit vier weiteren Kandidaten – zu einem Sichtungslehrgang Ende September
ein. Dort kämpft er mit den besten Rallye-Junioren Deutschlands um den
Einzug in eine internationale Sichtung, mit der der Motorsport-Weltverband
FIA gemeinsam mit WMReifenhersteller Pirelli nach Piloten für ein Kaderteam
in der Rallye-WM suchen. „Es ist eine große Ehrung, zu dieser
Sichtung eingeladen zu werden“, freut sich der Losheimer. „Es
gibt sehr viele Talente in Deutschland und es ist toll, zu denen zu gehören,
die dabei sein dürfen.“ Beim Heimspiel gibt es nun eine Premiere:
Gemeinsam mit Björn Röhm (Schlitz) startet er erstmals im Opel Corsa
Super 1600 von Horst Rotter: „Ich freue mich unglaublich auf den Einsatz
– und dann auch noch bei der Saarland Rallye. Das Auto ist einfach klasse,
ich bin es zwar bis jetzt nur einmal ganz, ganz kurz gefahren, aber das hat
schon gereicht, um bei mir die Lust auf Rallye-Kilometer mit dem Fahrzeug
zu wecken. Die Vorfreude ist bei mir auf jeden Fall groß und ich freue
mich schon, den von vielen Zuschauern als „Krawallbüchse“
bezeichneten Corsa zu bewegen."