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  • Schlechter Lohn trotz guter Vorbereitung

Zurich 24h-Rennen am vergangenen Wochenende. In sprichwörtlich letzter Sekunde trat Teamchef Michael Schratz seinen Fahrerplatz ab, in ebenso letzter Sekunde verhinderte ein Unfall den Sprung unter die Top 20. Neu in der Jubiläumsausgabe auch das zweite Auto, dass sich in der Obhut von Steam-Racing befand: Ein Porsche 997 Cup mit einer Bande „Junger Wilder“ an Bord.

Die Tatsache, dass Michael Schratz in diesem Jahr seinen Fahrerplatz abgetreten hatte und er erstmalig in seiner ununterbrochenen 14jährigen Teilnahme beim 24h-Rennen nicht selbst hinterm Volant saß, bereitete ihm offensichtlich mehr Probleme als Wetterkapriolen, Rennabbruch oder technische Unlänglichkeiten. Trotz aller Trauer um seinen Fahrerplatz war der Teamchef mit der Leistung des gesamten Teams, insbesondere auch mit der des neuen Fahrerquartett durchaus zufrieden. Markus Lungstrass, Johannes Siegler, Stephan Dröger und Miroslav Konopka haben ausreichend Erfahrung mit Rennen zweimal rund um die Uhr, gemeinsam gingen sie jedoch heuer zum ersten Mal an den Start. Auch die Leistung des zweiten, von Steam-Racing eingesetzten und betreuten Porsche 997 Cup, bereitete dem Teamchef viel Freude – bis zum Ausfall in der Nacht.

Es sind, wie so oft, die kleinen Dinge, die das Leben schwer oder leicht gestalten. Bei Steam-Racing erschwerten sie dem gesamten Team das Leben. Während des ersten Zeittrainings am Freitagmorgen platzte ein Schlauch der Motorkühlung, sämtliches Kühlmittel ging verloren. Johannes Siegler, der zu dieser Zeit hinterm Volant saß, bemerkte den Fehler und steuerte sofort und im Schritttempo die Box an. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten alle Fahrer mindestens eine der beiden Pflicht-Trainingsrunden absolviert. Die noch zu fahrenden Runden verschob das Team auf das Abend- und Nachttraining, das um 19 Uhr begann und bis 23:30 Uhr dauerte. Doch nicht nur den „Wasserschaden“ ließ Teamchef Michael Schratz beheben – er ließ in gleichem Atemzug Motor und Getriebe wechseln, um das Auto schon für den Start zum 24h-Rennen zu präparieren. Bis dahin hatten Fahrer und Wagen erst sechs Runden im Rahmen des Mega-Events absolviert, und die von Lungstrass vorgelegte Zeit von 10:04 hellte die Miene von Teamchef Michael Schratz weiter auf. Am Ende lag das Team nach dem ersten Kräftemessen auf Gesamtrang 47 und in der Klasse auf Rang 19. Auch wenn sich erste Zufriedenheit breit machte, war allen Beteiligten klar: Es muss weiter nach vorne gehen!

Das zweite Zeittraining
Später als geplant konnten die vier Piloten von Steam-Racing in das Geschehen des Nachttraining eingreifen. Die Reparatur- und Wechselarbeiten unter Federführung von Chefmechaniker Frank Budde zogen sich länger hin als geplant. Grund dafür waren weder fehlende Ersatzteile oder technische Komplikationen, sondern schlichtweg der große Besucherandrang in der Box. Umringt von zahllosen Motorsportfans mussten sich die Mechaniker ein ums andere Mal Platz verschaffen – manchmal sogar recht lautstark. Gegen 20:15 wurde der Porsche von Steam-Racing aus der Box geschoben, ließ sich Johannes Siegler hinterm Lenkrad anschnallen und wurde der Tank gefüllt. Siegler fuhr seine fehlende Pflichtrunde, prüfte sämtliche Funktionen des überarbeiteten Porsche und lieferte gleichzeitig eine ordentliche Leistung ab. Erst Markus Lungstrass schaffte es im folgenden Umlauf den Boliden von Steam-Racing auf den angemessenen Startplatz zu stellen. Die Zeit von 9:28 reichte für Startplatz 23 und so schrammte das Team nur haarscharf an einer der begehrten blauen Blinkleuchten vorbei. Im Folgenden absolvierte auch Stephan Dröger seine fehlende Pflichtrunden, bevor Miroslav Konopka sich weiter auf den Porsche einschoss und weitere sechs Runden bis in die Dunkelheit absolvierte. Erst jetzt war die Mine von Michael Schratz komplett aufgehellt.

Und das Cup-Auto? Obwohl es im ersten als auch im zweiten Training jeweils eine heftige Kollision gab, die ausgedehnte Reparaturphasen mit sich brachte, schafften es die „Jungen Wilden“ von Steam-Racing das Cup-Auto auf Startplatz 15 der Gesamtwertung zu stellen. Alexander Roloff, Dominik Schwager, Jan-Erik Slooten und Peter Scharmach erhielten als Lohn für ihre Arbeit die begehrte blaue Blinkleuchte, die dem Steam-Racing-Porsche in diesem Jahr verwehrt blieb.

Das Rennen – Teil I
Um 13:15 öffnete die Boxengasse, und die Teams fuhren ihre Fahrzeuge in die Startaufstellung. Während in den Trainingssitzungen die Sonne lachte und blauer Himmel strahlte, zogen immer mehr Wolken auf je näher die Zeit in Richtung Start rückte. Pünktlich zum eigentlich offiziellen Start des 24h-Rennens begann der Regen. Nicht langsam und sich steigernd, sondern sintflutartig vom ersten bis zum letzten Tropfen. An einigen Streckenabschnitten wurde das Abwassersystem der Nordschleife den Wassermassen nicht Herr, so dass sich mitunter knöcheltiefe Lachen bildeten. An anderen Stellen konnte der Boden die Regenmenge nicht aufnehmen, wurde unterspült und rutschte auf die Strecke. Die Rennleitung entschloss sich, den Start um knapp zwei Stunden zu verschieben. Regelkonform verschob sich das Ende um diese knapp zwei Stunden nach hinten.

Um 16:51 Uhr starteten 228 Fahrzeuge in drei Startgruppen unterteilt – hinter dem jeweiligen Führungsfahrzeug in zwei Einführungsrunden, damit sich die Rennfahrer an die schlechten Streckenverhältnisse gewöhnen konnten. Startfahrer Johannes Siegler machte alles richtig, hielt sich aus den üblichen Startrangeleien raus und bewegte den blau-weißen 997 RSR in angemessenem Tempo über die Nordschleife. Die ersten beiden Stunden verliefen für das Team relativ ruhig – abgesehen von einem massiven Schubser, der aber ohne Folgen blieb. Lungstrass hatte keinerlei Probleme Anschluss an den Wettbewerb zu halten. Lediglich zwei kleine Ausfahrten über die Wiese auf der immer schwieriger werdenden Strecke musst er bewältigen. Auch Miroslav Konopka fühlte sich offensichtlich wohl im Porsche von Steam-Racing und fuhr sicher und geübt über die Nordschleife. Nur ein kleines Missgeschick trübte die Freude am tschechischen Fahrstil: Konopka betätigte aus Versehen den Notaus-Schalter, legte diesen aber sofort wieder um und konnte seine Fahrt fortsetzen, ohne Plätze eingebüßt zu haben.

Mehr Probleme hatte Stephan Dröger: Durch einen Anwenderfehler wurde die Sicherung der Motronik ausgelöst, so dass der Motor während der Fahrt abstarb. Der 63jährige Dröger wurde vom Streckenabschnitt Schwalbenschwanz, wo das Malheur passierte, bis zur Ausfahrt Döttinger Höhe geschleppt. Die Reparatur war keine große Sache und trotz telefonischer Pannenhilfe aus der Box schaffte Dröger es nicht, den Fehler zu beheben. Also musste das Team ausrücken, um vor Ort einzugreifen. Währenddessen schoss das dichtgedrängte Fahrerfeld an Dröger vorbei, das Team verlor mehr als 80 Plätze und so musste eine Aufholjagd gestartet werden, die furios begann und plötzlich endete.
Die Rahmenbedingungen wurden für Teams, Fahrer und Fans in der Nacht zusehends schlechter: Aufziehender Nebel verschlechterte die Sicht, worunter natürlich in erster Linie die Fahrer zu leiden hatten. Der Nebel verdichtete sich immer mehr, so dass an manchen Streckenabschnitten nur noch mit Schrittgeschwindigkeit gefahren werden konnte. Gegen 04:30 Uhr neutralisierte die Rennleitung die 35. Auflage des 24h-Rennens. Die Fahrzeuge wurden durch das Safety Car eingesammelt und in die Boxengasse geführt. Nun war das Rennen vorerst einmal beendet.

Ebenso beendet war das Rennen auch für das Cup-Auto – allerdings komplett. Nur wenige Minuten vor offiziellem Abbruch kollidierte das Auto im dichten Nebel mit einem sehr langsamen Fahrzeug einer kleineren Klasse. Die Kollision ereignete sich im Streckenabschnitt Flugplatz, der bekanntlich zu einem der schnellsten zählt. Die Schäden waren irreparabel, so dass die Jugendbande vorzeitig ihren Feierabend einläuten konnte.

Das Rennen – Teil II
Nach rund sechs Stunden Rennpause wurden die verbliebenen Teilnehmer erneut in die Startaufstellung gerufen. Gestartet wurde in der Reihenfolge zum Zeitpunkt vor dem Abbruch. Für Steam-Racing bedeutete dies Startplatz 55. Um 09:31 stürzten sich die Rennfahrer erneut in das Abenteuer 24h-Rennen. Stephan Dröger übernahm den Restart und fuhr mit Bedacht und ausreichend Geschwindigkeit, so dass er bereits in der ersten Runde Plätze gut machen konnte. Die Fahrer gaben alles, um sich im immer lichter werdenden Feld vorwärts zu kämpfen, was auch gelang. Gut drei Stunden nach dem Neustart fuhr der blau weiße Porsche von Steam in Schlagdistanz zu den Top 20, als es an einigen Streckenabschnitten zu regnen begann, während andere Passagen völlig trocken blieben. Zu diesem Zeitpunkt saß Markus Lungstrass hinterm Lenkrad und der noch junge, aber dennoch erfahrene Rennfahrer entschied sich eine weitere Runde auf Slicks draußen zu bleiben, während viele Konkurrenten bereits in der frühen Regenphase die Slicks gegen Regenreifen tauschten. Das Gewitter wurde immer heftiger, die Unfälle wieder mehr. Die Streckenposten hatten alle Hände voll zu tun, um die Fahrer vor der rutschigen Piste zu warnen. Im Streckenbereich Flugplatz war einer dieser vielen Unfälle und Markus Lungstrass war gezwungen, den Porsche bis fast zum Stillstand abzubremsen, um weder sich noch Rennfahrerkollegen zu gefährden. Wie aus dem Nichts schoß von hinten ein Fahrzeug einer anderen Klasse ran. Dem Fahrer waren die rutschigen Streckenverhältnisse offensichtlich nicht bewusst und als er die gelben Flaggen sah, die vor der Unfallstelle warnten, trat er heftig auf die Bremse, bekam den Wagen aber nicht zum Stehen. Resultat: Mit nahezu unverminderter Geschwindigkeit rutschte das Auto dem Porsche von Steam-Racing ins Heck. Dabei gingen zahlreiche Kunststoffteile zu Bruch, Lungstrass fuhr mit äußerst geringer Geschwindigkeit in die Box, wo erst das gesamte Schadenausmaß ersichtlich wurde. Der Einschlag ging gezielt auf die Kurbelwelle, die einen Schlag erhielt, der sich wahrscheinlich sogar auf das Getriebe auswirkte. Kurzum: Teamchef Michael Schratz beendete das 35. Internationale ADAC 24h-Rennen gut zwei Stunden vor dem offiziellen Ende.
Für das gesamte Team ein wahrlich herber Rückschlag, nachdem man im letzten Jahr das Training zum 24h-Rennnen als 14. und das Rennen als Sechster beendete.

Stimmen nach dem Rennen
Michael Schratz, Teamchef
„Wir haben wochenlang auf das Event hingearbeitet und haben dennoch mit kleinen, schnell zu behebenden Problemen gerechnet. Eigentlich lief alles nach Plan, bis auf die Probleme, die Stephan Dröger mit der Elektrik hatte. Das hat uns natürlich weit zurückgeworfen. Danach stürmten alle Fahrer weiter nach vorne. Auch nach Wiederaufnahme des Rennens lief es für uns richtig gut. Platz um Platz konnten die Fahrer gutmachen. Selbst der Regen hat uns nur wenig Zeit gekostet. Unverständlich, wie angeblich geübte Rennfahrer in solchen Situationen reagieren: Die Straße war nass, die Posten haben schmierige Piste angezeigt und überall gab es Unfälle. Dennoch wird mit unverminderter Geschwindigkeit gefahren und noch mehr Unfälle produziert. Den Vorfall werden wir auf jeden Fall melden, da er unter Gelb passierte. Ein solches Verhalten muss bestraft werden. Wir sitzen nun auf einem Schaden, der bis zu 40 000 Euro betragen kann. Wir reparieren das Auto so schnell als möglich, um für das nächste VLN Rennen im August gewappnet zu sein. Die Fahrer haben alle einen guten Job gemacht. Insbesondere Miroslav Konopka, der deutlich weniger Nordschleifenerfahrung und noch weniger Porschekenntnisse hat. Er ist richtig gut gefahren. Auch wenn beide Autos frühzeitig durch Unfälle aus dem Rennen geworfen wurden, so war die Stimmung in unserer Lounge und unter unseren Gästen immer gut. Als wir noch im Rennen waren, haben sie unsere Fahrer richtig gepusht. Es hat Spaß gemacht zu sehen, wie die Gäste mitfieberten und sich mit unseren Fahrern blendend verstanden. Die über 80 Besucher hatten viele aufmunternde Worte für uns, insbesondere nach den Ausfällen,.“

Frank Budde, Chefmechaniker
„Das Auto lief gut, alle Werte lagen im grünen Bereich, die 24 Stunden hätten wir problemlos überstanden. Nach dem Unfall weiter zu fahren, wäre unverantwortlich gewesen. Wir hätten einen Motor- und Getriebe-Totalschaden riskiert, was teurer und schwerer zu reparieren gewesen wäre.“

Johannes Siegler, Fahrer
„Nach dem ersten Training wurden Motor, Getriebe, Bremsen und Reifen gewechselt. Ab dann hat das Auto richtig Spaß gemacht, ich kam sehr gut mit Auto und Strecke zurecht. Im Rennen hatte ich keine Mühe mit dem Wettbewerb Schritt zu halten, musste aber öfter wegen vieler Gelbphasen abreißen lassen. Es gab sehr viele mitunter schwere Unfälle während der gesamten Veranstaltung. Direkt vor mir ist ein Honda quer über die Piste, hat sich überschlagen und ist direkt hinter mir wieder quer über die Piste. Ich hatte viel Glück, nicht vom Auto oder von Teilen getroffen worden zu sein. Die Startverschiebung und der Rennabbruch waren die richtige Entscheidung. Nur so lassen sich Aus- und Unfälle vermeiden. Schade, dass wir ausgefallen sind. Aber im nächsten Jahr greifen wir wieder richtig an.“

Miroslav Konopka, Fahrer
„Ich saß Freitag zum ersten Mal auf dem Auto, bin aber nur wenig gefahren, da wir den Wasserverlust hatten. Am Abend fuhr ich dann mehr als die Kollegen, um mich an den Wagen zu gewöhnen. Ich bin in diesem Jahr zum dritten Mal auf der Nordschleife unterwegs: 2002 auf einem BMW M3 – da sind wir ausgefallen. 2004 auf einem Porsche GT3 996 sind wir angekommen, aber nicht in besonders guter Position. In diesem Jahr wollte ich es schaffen, schließlich hat Steam-Racing im letzten Jahr gezeigt was, man kann. Schade, dass uns der andere Fahrer sprichwörtlich abgeschossen hat. Es wäre vielleicht ein richtig gutes Ergebnis möglich gewesen.“

Markus Lungstrass, Fahrer
„In diesem Jahr waren extrem viele übermotivierte Fahrer am Werk – schon im Training. Dadurch gab es etliche Unfälle, und man hatte eigentlich so gut wie nie eine richtig freie Runde. Für Platz 24 hat die Trainingszeit dann doch gereicht. Der Abbruch war völlig korrekt, kam meiner Meinung nach aber vielleicht zu spät. An manchen Stellen konnte man nicht mal 15 Meter weit sehen. So kann man kein Rennen fahren. Dass mir der Unfall passiert ist, ärgert mich zwar, aber ich konnte nichts dafür. Ursache war unangepasste Fahrweise bei extrem schlechten Streckenverhältnissen und im Bereich einer Unfallstelle. Eine Meldung an entsprechende Stelle ist unumgänglich.“

Stephan Dröger, Fahrer
„Erst nach dem Wechsel von Motor und Getriebe kam ich mit dem Auto zurecht. Es ist ein ganz anderes Auto, man kann richtig schnell damit fahren. Ich habe im Training bewusst nur 80 Prozent des Potentials genutzt. Die Sache mit der Elektronik geht auf meine Kappe und war völlig unnötig. Insbesondere die Reparatur, die ich problemlos alleine und in Windeseile hätte durchführen können. Das hat uns massiv zurück geworfen. Aber alle haben anschließend gekämpft, um zurückzukommen. Beinahe hätten wir es geschafft.“
Text: Redaktionsbüro Meuren
Foto: Dirk Reiter / Redaktionsbüro Meuren

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