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  • Das Stadtrennen der Tourenwagen-Weltmeisterschaft im französischen Pau wirft die Frage nach der Modernität dieser Art von Rennen auf
Die Szene lässt einen noch im Nachhinein die Nackenhaare aufstellen: Wir befinden uns im beschaulichen Städtchen Pau in Frankreich. Die zweitgrößte Stadt hinter Bordeaux im Département Pyrénées-Atlantiques ist für ihre Motorsportveranstaltungen berühmt. Seit 1935 finden auf dem Kurs durch die Straßen der Stadt Rennen aller Art statt. Die Formel 1 startete in Pau bis 1963, danach lieferten sich hauptsächlich Formel- und Tourenwagen den Kampf um die oberste Stufe des Podiums.

Ähnlich wie in Monaco und Macau zwängen sich die Rennwagen durch enge Straßen. Typisch für Veranstaltungen dieser Art, ist Überholen für die Kontrahenten so gut wie unmöglich. Während die Rennen der Tourenwagen-WM für ihre herzhaften Überholmanöver bekannt sind, reduzieren sich die Veranstaltungen in Pau meist auf Kolonnenfahrten. Und wagt doch einmal ein Pilot einen Versuch, den Vordermann zu bezwingen, so sind Beschädigungen, oftmals sogar folgenschwere, an beiden Fahrzeugen allzu wahrscheinlich.

Auslaufzonen gibt es nicht, wer über die Grenzen der Physik hinausgeht, der landet schnell an der Mauer. Selbst ohne Fremdeinwirkung sind Fahrwerk, Reifen und Felgen durch die Streckenbedingungen leicht zu beschädigen. Zwischen dem Speed der heutigen und damaligen Rennwagen bestehen eben gewaltige Unterschiede.

Vielleicht passen heutige Hightech-Rennwagen nicht mehr auf traditionelle Rennkurse von vor über 70 Jahren?

Eines der unrühmlichsten Beispiele des letzten Rennwochenendes in Pau gipfelte im zweieinhalbfachen Überschlag des BMW-Werksfahrers Augusto Farfus. Beim Einstechen in eine der engen Kurven hebelte der BMW 320si unkontrolliert auf den Randsteinen aus und überschlug sich. Der Pilot wird in solchen Situationen zum hilflosen Passagier, die Sicherheitsmerkmale der heutigen Tourenwagen verhindern gottlob Schlimmeres. Es spricht allerdings für die heutige Technik, dass Farfus bei diesem Crash nicht ein Haar gekrümmt wurde und er dem BMW-Wrack völlig unverletzt entstieg.

Aber nicht nur Fahrer und Material können zu Schaden kommen, auch Strecken-Marshalls sind an neuralgischen Punkten in Pau nur durch Reifenstapeln und niedrige Zäune von den Rennfahrzeugen getrennt. Hier greift die Verantwortung der FIA in den kommenden Jahren Änderungen vorzuschreiben.

Bei einem Sprintrennen über 20 Runden und mehreren Runden Safetycar-Phase reduziert sich die Renndistanz zudem für die Zuschauer auf wenige spannende Minuten.

Stadtrennen sind spektakulär, unbenommen, aber werden sie für die durch Unfälle gefährdeten Piloten und Teams nicht gleich auch zum unkalkulierbaren Risiko? Es fahren ja nicht nur Werksteams mit Millionen-Budgets gegeneinander, auch Privatfahrer leisten sich das Hobby auf WM-Ebene. Wiechers-Pilot Stefano D'Aste konnte seinen BMW 320si nach einem Auffahrunfall nur noch abstellen. Der verunfallte BMW prallte ungehindert an die nahe Streckenbegrenzung, ein Schaden, der durch das Kiesbett an einer offenen Rennstrecke zumindest hätte erheblich reduziert werden können, wie uns Teamchef Dominik Greiner von Wiechers Sport auf Anfrage bestätigte.

Stadtrennen werden auch in Zukunft im Programm der Rennserien stehen, solange keine erheblichen Schäden an Mensch und Material entstehen. Die höchste Sicherheit aber ist der Punkt um den sich die Verantwortlichen bei FIA und KSO Gedanken machen müssen.

Ein Kommentar von Wolfgang Sievernich, Motorsport-Guide.com

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